Der Boss Lady Geist
Objekt / Skulptur
Holzklotz
Shou Sugi Ban mit Heissluftföhn,
Holzschnitt mit Linolmesser
Mona Rosa, 2024
Kooperation mit Tanya Marisa Rivera, Rosi Weiss, Manu Ueltschi und 46 weiteren Gestalter:innen aus der ganzen Schweiz
Outdoor-Installation NEXUM (Verbindung)
50 divers individuell gestaltete Klötze welche im Garten des Götschihof in Aeugstertal für 1 Jahr installiert werden.
Webseite Nexum
Nominiert für den Prix Lignum 2024
Donnerstag Abend, ich trage zuerst im Tram, dann im Zug und anschliessend auf dem Velo meinen Holzklotz vom Kunsthaus Zürich in meine Wohnung. Ich lese den Beschrieb: möglichst alles ökologisch, organisch, wetterbeständig (ca 1 Jahr draussen) - 50 Jahre Jubliäum der Stiftung Solvita. Ich gehe Ideenschwanger.
Die Stiftung Solvita setzt sich unter anderem für die Integration von Menschen mit einer Behinderung im Arbeitsmarkt ein. Dies erinnert mich an meinem Linolschnitt Boss Lady, der das Thema der Inklusion von Zyklus-Realitäten und Arbeitsalltag aufgreift.
Beides Erlebenswelten, die neue Wege und ein Umdenken der norm-alen Alltagsstruktur erfordern.
Shou Sugi Ban ist eine traditionelle japanische Holzbearbeitungstechnik, bei der die oberste Schickt kontrolliert verkohlt wird. So ensteht eine Wetterdichte, natürliche Oberflächensversiegelung, die zum Anfassen ganz leicht und seidig wird und im Sonnenlicht ein natürliches Glitzern und Schimmern zeigt.
Mir erscheint diese Technik sehr passend. Sind doch für Menschen mit Behinderungen oder natürlichzyklischen Frauen unsere norm-alen Alltagstrukturen oft ausbrennend. Geichzeitig auch eine Chance für alle die den Mut haben, durch den Prozess in eine Konfrontation zu gehen als Phönix wieder neu aus der Asche aufzuerstehen. Der Schimmer und das tiefe Schwarz finde ich zudem ein schönes Sinnbild, das auch eine Ressource versteckt sein kann, indem was auf den ersten Blick als Dunkel und zerstört oder kaputt erscheint.
Meine Idee ist den Linolschnitt direkt auf das Holz zu adaptieren und mit meinen gewohnten Werkzeugen heraus zu arbeiten. Das Holz ist weich. Ich lege los. Meine scharfen Messer gleiten wie Butter durchs Holz, das Bein überzeugt mich sehr.
Die weitere Umsetzung meines inneren Plans gelingt nur schwer. Im Machen stosse ich auf materielle Wiederstände. Das Holz wehrt sich. Alles was linear ist, kommt fantastisch, gehe ich quer zur Faser sträubt es sich, spriest und wird zur Gefahr für mich. Ich muss das Holz regelrecht heraus hacken. Rundungen und organische Formen gelingen anderst als ich es erwarte. Ich mache eine Pause, überlege, wie ich das Holz bezwingen könnte und schaue das Werk an.
Wenn ich schaue und fühle, ist das was ich wahr nehme, sehr stimmig. Künslterisch braucht es keine weiteren perfektionisitisch getriebenen, leistungsorientierten Eingriffe, die mir mein proffesionell, gesellschaftlich geschulter Innerer Kopf einreden will.
Es fühlt sich stimmig an hier ein Endpunkt zu setzten. Der Klotz als Ergebnis seiner Entstehung, wurde zum Abbild, meiner Wahrnehmung unserer aktuellen Gesellschaftstruktur.
Schwimmt Mensch in unser Gesellschaft linear mit dem Strom, läuft es ganz einfach und wunderbar, wehrt Mensch sich, stellt sich que(e)r oder fällt anders aus der Norm weil Mensch anfängt, die eigene naütrliche Form oder den eigenen freien Willen sichtbar zu machen, fängt es an weh zu tun, überall pickst es, Mensch eckt an, fällt aus dem Flow und Kopfkino geht los.
Für mich ist es sehr stimmig, die Figur nehme ich als unscharf, skizzenhaft, grob und roh wahr. Sie ist erkennbar, doch unperfekt, ungeschlieffen, ungehobelt, wild, naiv. Genau so wie sich der Zyklus in unserer Gesellschaft präsentiert, nach jahrhundertelanger Stigmatisierung und Tabusierung. Eine verlorene, deformierte Ressource.
Es ist im Alltag erst eine Idee, das Frau mutig mit der Binde unter dem Arm in eine Sitzung kommt und in der Leitungsfunktion sagt: "so 20 Minuten Tampon-Pause, für alle Mensturierenden". Viele von uns verstecken eher aktiv ihren Zyklus und alles was damit verbunden ist.
Und genau deshalb stelle ich das Werk, so wie es jetzt ist in den Garten. Ich pflanze damit ein Sämli, das der Zyklus Boss Lady Geist aufblüht als ersten Entwurf für einen neuen Gesselschafts-Zyklus, in der wir alle Menschen mehr einfach sein können, wie wir sind, uns mit unseren Eigenarten akzeptieren und sie als Ressource entdecken um so neue Alltagsstrukturen zu schaffen, die unserer wahren Natur dienlich sind.
Text: Mona Rosa